Forschungen aus Dänemark bestätigen einen Zusammenhang zwischen Symptomen und Anzeichen von Kiefergelenkserkrankungen (Craniomandibuläre Dysfunktion) und der Morphologie des Gesichtsschädels und der Kopfhaltung.
Insgesamt wurden 96 Kinder (7 bis 13 Jahre) mit kieferorthopädischem Bedarf und entsprechenden Beschwerden untersucht. Dabei wurden die Symptome und CMD-Anzeichen (Kopf- und Gesichtsschmerzen, Kieferklicken, Kieferbeweglichkeit, Empfindlichkeit von Muskeln und Gelenken) mit Hilfe von Variablen bewertet und der Helkimo´s Clinical Dysfunction Index bestimmt. Laterale zephalometrische Röntgenaufnahmen lieferten Daten zu den craniofazialen Dimensionen und der Kopf- und Halshaltung der Probanden. Zusätzlich erfolgten Tests zur Bisskraft.
Die Forscher beobachteten eine Verbindung der Kiefergelenksdysfunktion mit einer ausgeprägten Vorwärtsneigung der oberen Halswirbelsäule und einer erhöhten craniozervikalen Angulation – auch wenn im Endeffekt keine gesicherte Schlussfolgerung auf eine bestimmte craniofaziale Morphologie bei diesen Kindern gezogen werden konnte. Darüber hinaus wurde eine erhöhte Empfindlichkeit der Muskeln mit der Morphologie eines „langen Gesichts“ und einer geringeren Bisskraft in Zusammenhang gebracht. Kopfschmerzen zeigten sich mit einem längeren Oberkiefer und einem maxillären Prognathismus assoziiert. Ein hoher Wert nach dem Helkimo Index wurde in Beziehung mit niedrigen Werten einer Anzahl von vertikalen, horizontalen und transversalen linearen craniofazialen Dimensionen und einer geringen Bisskraft gebracht.
Meist lagen die beobachteten Zusammenhänge jedoch im niedrigen bis moderaten Bereich, so dass sie vermutlich kaum einen direkten klinischen Vorhersagewert besitzen. Dennoch scheinen mögliche ätiologische Faktoren hier von Bedeutung zu sein und können zu einem besseren Verständnis zum Auftreten von Symptomen und Anzeichen einer CMD bei KFO-Patienten beitragen, so die Forscher. [1]
Auch andere Wissenschaftler befassten sich mit dem Thema Morphologie und CMD und kamen zu interessanten Erkenntnissen. So prüfte eine kleine Studie aus Italien den Zusammenhang zwischen fazialen Asymmetrien und der Entwicklung von Craniomandibulären Dysfunktionen und Kiefergelenkserkrankungen.
Näher betrachtet wurden dabei Asymmetrien struktureller Art (81 %) sowie funktionelle Asymmetrien (19 %). Die Probanden stellten sich zur Studienbeginn mit Skelett- und Zahnfehlstellungen in Kombination mit verschiedenen Kiefergelenkserkrankungen vor, die meist auf muskuläre Verspannungen zurückzuführen waren. Alle Patienten erhielten eine kieferorthopädische oder chirurgisch-orthodontische Behandlung, um ihre Kiefergelenksbeschwerden in den Griff zu bekommen.
Der Vergleich der Vorher-Nachher-Situation der Probanden zeigte eine Auflösung der mandibulären Asymmetrien und die vollständige Eliminierung der Kiefergelenksymptome und CMD-Beschwerden. Daher wurde hier geschlussfolgert, dass Asymmetrien des Unterkiefers als ätiologische und prädisponierende Faktoren bei der Entstehung von Craniomandibulären Dysfunktionen eine Rolle spielen. [2]
Eine Studie aus Südafrika beschäftigte sich ebenfalls mit der Morphologie von myogenen CMD-Patienten. Bei ihnen bestanden im Vergleich zu Kontrollprobanden deutliche Asymmetrien der Kondylenhöhe; auch der „Temporomandibular Opening Index“ lag hier höher. Zudem konnte eine signifikant positive Korrelation der beiden Aspekte für die Gruppe der CMD-Patienten im Rahmen dieser Untersuchung belegt werden. [3]
Mit der Beschaffenheit des Kiefergelenks und dem Auftreten von Craniomandibulären Dysfunktionen beschäftigte sich eine Studie an der Universität Shiraz im Iran. Man entdeckte dort, dass die Neigung der Gelenkpfanne bei den untersuchten CMD-Patienten steiler verlief und die Fossa glenoidalis breiter und tiefer war als bei den Kontrollprobanden.
Diese Informationen könnten nach Meinung der Wissenschaftler Aufschluss über die Beziehung zwischen der Morphologie des Kiefergelenks und der Häufigkeit des Auftretens von CMD-Erkrankungen geben und in der Zukunft dafür genutzt werden, die Krankheitsentwicklung früh zu erkennen oder vorherzusagen und ggf. geeignete Präventionsmaßnahmen einzuleiten. [4]
[1] Sonnesen L et al. Temporomandibular disorders in relation to craniofacial dimensions, head posture and bite force in children selected for orthodontic treatment. Eur J Orthod 2001; 23(2):179-92. Link zum vollständigen Beitrag: https://www.researchgate.net/publication/11940199_Temporomandibular_disorders_in_relation_to_craniofacial_dimensions_head_posture_and_bite_force_in_children_selected_for_orthodontic_treatment
[2] D’Ippolito S et al. Correlations between mandibular asymmetries and temporomandibular disorders (TMD). Int Orthod 2014; 12(2):222-38.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24820702
[3] Karic VV et al. The temporomandibular opening index and condylar asymmetry in myogenous TMD and non-TMD patients: report of a pilot study. Quintessence Int 2013;44(1):e141-5.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23573535
[4] Paknahad M et al. Is Mandibular Fossa Morphology and Articular Eminence Inclination Associated with Temporomandibular Dysfunction? J Dent (Shiraz) 2016;17(2):134-41.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27284559